Beate Bruns, M.A., Geschäftsführende Gesellschafterin der time4you GmbH, im Interview mit Winfried Felser
HR kann Innovation, das war die frohe Botschaft von Professor Stephan Fischer auf der Zukunft Personal im Rahmen der Feierlichkeiten zum ersten HR Innovation Award. Zu den Finalisten, die knapp den Sieg verpassten, gehörte auch time4you.
Mit diesem und weiteren Interviews wollen wir nun aber aufzeigen, dass Professor Fischer mit seinem Optimismus Recht hat. So freuen wir uns, dass Frau Beate Bruns uns als Geschäftsführerin von time4you neue Perspektiven für ein HR der Zukunft aufzeigt, zumal sie jenseits von Preisträgern im Bereich Artificial Intelligence mit dem Thema Weiterbildung einen klassischen Bereich vertritt, der dennoch innovativ ist.
Können Sie uns zum Start Ihr Unternehmen und sich selbst vorstellen? Wie verlief die bisherige Firmengeschichte von time4you? Wie kamen Sie auf die Idee für Ihre Innovationen?
time4you ist Pionier für softwaregestützte Lösungen in Weiterbildung und HR. Zusammen mit dem Diplom-Informatiker Sven Dörr habe ich das Unternehmen 1999 in Karlsruhe gegründet und IT-Kompetenz mit der Prozessexpertise in Weiterbildung und HR kombiniert. Wir sind als Unternehmer wirtschaftlich unabhängig und schreiben seit der Gründung kontinuierlich schwarze Zahlen. Unsere wirtschaftlichen Entscheidungen sind auf finanzielle Solidität, Beständigkeit und Unabhängigkeit ausgerichtet. Am Anfang der Unternehmensentwicklung standen spezialisierte Lösungen für softwaregestütztes Lernen: Online-Tutorials, Lerninhalte, Online-Tests und Werkzeuge für das Lernmanagement. Alles umgesetzt in der IBT SERVER-Software, die wir in der Version 3 1998/99 erstmals dem Markt vorstellten.
Wir haben früh erkannt, dass kommunikativ-kooperative Szenarien, also das, was heute in Form von Communities, informellem Lernen und Social Learning propagiert wird, das „i-Tüpfelchen“ beim digitalen Training sind und unverzichtbar für langfristige Akzeptanz und Erfolg. Ein zweiter wichtiger Erfolgsfaktor für das E-Learning ist die Einbettung in und Verzahnung mit den klassischen präsenzorientierten Formen der Aus- und Weiterbildung. Unsere modulare Software wurde gemäß dieser Einsicht um Bausteine für die integrierte Seminaradministration erweitert und ist aktuell in der Version 20 eines der leistungsfähigsten Systeme für E-Learning, Personalentwicklung und Weiterbildung.Das Motto „Content is King!“ gilt übrigens auch und gerade im digitalen Training. Anwender kaufen für Themen wie IT-Trainings, Sprachenlernen, BWL-Fachwissen und zahlreiche Soft-Skill-Themen Standardinhalte ein: in Form klassischer WBTs, Simulationen oder Videos. Für viele Schulungsinhalte wie zum Beispiel unternehmensspezifische Prozesse und Produktschulungen sind die Organisationen jedoch auf die Individualproduktion der Inhalte angewiesen. Wir bei time4you verstehen die Contentproduktion als Prozess und haben nach Lösungen gesucht, diesen Prozess im Zusammenspiel von Fachleuten, E-Didaktik-Experten und Mediendesignern zu optimieren. Zentraler Baustein unserer Lösung ist das Modul IBT Storyboard Conversion aus der Produktgruppe IBT Learning Content Management. Mit Hilfe von IBT Storyboard Conversion erstellen Fachleute in vorformatierten Worddokumenten das sogenannte Drehbuch und erzeugen auf „Knopfdruck“ aus diesem Drehbuch ein lauffähiges interaktives WBT (kurz für Web Based Training).
Unser Know-how rund um die Anforderungen und Prozesse softwaregestützter Aus- und Weiterbildung und Personalentwicklung haben wir Jahr für Jahr im Laufe zahlreicher nationaler und internationaler Kundenprojekte weiterentwickelt und in interdisziplinären Teams verankert. Wir pflegen eine lebendige, von hohen Freiheitsgraden und Verantwortung beim Einzelnen sowie unbedingter Hilfsbereitschaft untereinander geprägte Firmenkultur in einer stark dezentralen Organisation. Auf Basis einer kontinuierlichen Verbesserung und Weiterentwicklung unserer Softwareprodukte und Dienstleistungen bauen wir gemeinsam mit unseren Kunden (fast!) perfekte Lösungen. Wir streben langfristige gute Beziehungen an, im Innen- wie im Außenverhältnis, die auf gegenseitigem Respekt, hoher Leistungsfähigkeit und Vertrauen gründen.
Der HR Innovation Award wurde von einer sehr fordernden Jury begleitet. Was ist das Neue an Ihrem System, das zu den Finalisten gehörte und dennoch deutlich „klassischer“ ist?
IBT Storyboard Conversion ist als Baustein unseres Learning Content Management-Systems eine zentrale Komponente, wenn Organisationen die Produktion digitaler Trainingsinhalte als schlanken Prozess verstehen. Das Besondere und Einmalige an IBT Storyboard Conversion ist – wie der Name schon sagt – die Konvertierung eines wordbasierten Drehbuchs auf Knopfdruck in ein lauffähiges, interaktives WBT.
Fachexperten können also ohne Tool- oder Programmierungskenntnisse oder externe Betreuung im Self-Service sehr leicht neue digitale Lerninhalte erstellen. Bereits vorhandene Leitfäden und ähnliche Dokumente sowie Manuals lassen sich auf einfache Weise weiterverwenden. In Verbindung mit dem von uns entwickelten Konzept der Kooperativen Content-Produktion beschreiten wir gemeinsam mit unseren Kunden einen ganz neuen Weg, Inhouse-Kompetenz zur Erstellung digitaler Lerninhalte aufzubauen. In der Phase der Endredaktion reichern E-Didaktik-Experten das Drehbuch vorlagengestützt mit weiteren Interaktionen an, Mediendesigner steuern passende mediale Elemente bei und zum Schluss wird die korrekte Formatierung noch einmal überprüft. Einen Knopfdruck später – und das ist wirklich so! – ist das digitale Training fertiggestellt, und es kann gelernt werden. Unsere Entwickler haben die gesamte Intelligenz und Steuerung in spezifische Wordvorlagen verlagert, über die die zugrundeliegende Technik angesteuert wird.
Simplicity, Lean, User Empowerment und Kollaboration – würde man so schön neudeutsch sagen – sind wichtige Perspektiven für die HR-Zukunft. Am Ende ist Technologie kein Selbstzweck, sondern der neue Nutzen zählt!
Mit IBT Storyboard Conversion eröffnet sich Organisationen jeder Größenordnung in diesem Sinne eine komfortable Möglichkeit, hochwertige und maßgeschneiderte E-Learning-Inhalte zu erstellen und so einen zentralen Baustein des „digital learning“ effizient in der eigenen Organisation zu verankern.
Stichwort Digital Learning / E-Learning: Wo steht die E-Learning Branche und welche Potentiale hat sie noch? Wandeln sich aktuell die E-Learning-Paradigmen?
Mit der Digitalisierung vieler Bereiche unserer Gesellschaft und parallel zu den Transformationsprozessen in den Unternehmen und Organisationen wächst der Markt für E-Learning. Ich nenne es auch lieber „Digital Learning“ oder „Digital Training“, um es von alten Konzepten abzugrenzen.
Wo wir stehen? Die Branche ist erwachsen geworden und erfindet sich immer wieder neu. Gerade in den letzten Jahren wurden zahlreiche neue Impulse in Richtung kommunikativ-kooperative Lernszenarien, Mobilität und Flexibilität sowie neue innovative Content-Formate gesetzt. Die sich hieraus ergebenden Potenziale sind immens und noch lange nicht gehoben.
IT und HR verzahnen sich im Prozess der Digitalisierung immer stärker. Zunehmend wichtig ist es deshalb, eine gemeinsame Sprache zu sprechen, Rechtssicherheit, Skalierbarkeit, Anbindung an die wesentlichen Schnittstellen in kurzen Zyklen zu garantieren und schnell einen Überblick über die Ressourcen und Potentiale im Unternehmen zu bekommen. Bei einer Vielzahl von Kundenprojekten steht demgemäß bereits während der Analyse- und Planungsphase das Thema Nachhaltigkeit im Vordergrund. Investitionssicherheit bedeutet letztendlich, dass Lernmanagement- und Weiterbildungssysteme passgenau an die IT-Infrastruktur im Unternehmen andocken; neue Technologien und hochwertiger Content können mit guter Vorbereitung effizient und ohne Ressourcen-Verluste miteinander kombiniert werden.
Gelassene Offenheit, Neugier und Experimentierfreude gepaart mit einer gehörigen Portion Pragmatismus sind gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen Transformationsprozess – damit gelingt auch HR der „digital change“.
Digitalisierung wirkt sich jenseits einzelner Werkzeuge umfassend transformierend auf die Wertschöpfung aus. Wie verändert die Digitalisierung die Prozesse in HR & beim E-Learning?
In engem Zusammenhang mit der Digitalisierung von HR und Weiterbildung sehe ich die „weichen“ Faktoren Komplexität und Verantwortung. Die Zunahme der Komplexität der Arbeitswelt durch die Digitalisierung spiegelt sich in der Weiterbildung ganz konkret in der Suche nach Entlastung. Ein Indikator dafür ist zum Beispiel die steigende Nachfrage nach Beratung und Seminaren zu Stressprävention, Krisenmanagement, Gesundheitsthemen. Das HR-Geschäft wird komplexer. „Simplifizierung“ der Prozesse ist da eine wichtige Aufgabe und zugleich Herausforderung für HR und damit auch die Weiterbildung. Da wir erst am Anfang des Lebenszyklus‘ digitaler Produkte und Anwendungen stehen, ist ähnlich wie bei anderen technischen Geräten (vgl. Automobil) zu erwarten, dass diese im Laufe ihrer Entwicklung deutlich einfacher in der Nutzung werden, sich das Problem der Bewältigung dieser hohen Komplexität also von selbst erledigt.
Bis dahin vergehen jedoch sicher noch einige Jahre und Jahrzehnte und deshalb brauchen wir heute und morgen Übergangslösungen. Pragmatische Lösungen, die uns helfen, die aktuell vorhandene Komplexität zu beherrschen und wo möglich und nötig aktiv zu reduzieren. Auch Ausblenden ist eine Strategie zur Reduktion von Komplexität – z.B. durch zeitweises, bewusstes Ausschalten digitaler Geräte … Ignorieren wird wohl auf Sicht nicht helfen … Im HR-Bereich ist es sinnvoll, die vorhandenen Prozesse immer wieder zu überdenken und zu vereinfachen. Je einfacher der abzubildende Prozess ist, desto einfacher kann auch die Benutzeroberfläche sein, die diesen Prozess in Software umsetzt. Und desto einfacher gestaltet sich – technisch gesprochen – die Mensch-Maschine-Interaktion.
Der zweite Faktor, die Eigenverantwortung, wie sie zum Beispiel im digitalen Training oder in virtuellen Arbeitskonstellationen in hohem Maße erforderlich ist, kann sich nur entfalten, wenn die Organisation den Raum dafür lässt. Ich kann als Mensch, als Mitarbeiter, als Führungskraft, als Trainer Verantwortung nur dann übernehmen, wenn mein Gegenüber/meine Umwelt mir das auch zutraut, mir vertraut. Und diese wiederum kann mir nur dann dieses Vertrauen schenken, wenn ich verantwortlich mit dem in mich gesetzten Vertrauen umgehe. Und umgekehrt. Vertrauen und Verantwortung sind wechselweise auf einander bezogen. Wie eine Organisation und die Menschen in ihr mit Vertrauen und Verantwortung umgehen, zeigt sich in ihrer Kultur. Arbeits- und Lernkultur sind also ein wichtiges Thema beim „digital change“.
„Motivation und Akzeptanz werden auch in 2020 beim digitalen Corporate Learning erfolgsentscheidend sein!“
Last, but not least wollen wir weiterdenken: Die Zukunftsentwicklung für Corporate Learning. Können Sie Ihr Szenario für Corporate Learning im Jahr 2020 schildern?
Das sind ja nur noch drei Jahre bis 2020 – insofern sehe ich eine große Ähnlichkeit zu dem heutigen Zustand! Also: Motivation und Akzeptanz werden auch in 2020 beim digitalen Corporate Learning erfolgsentscheidend sein. Verantwortung für die persönliche Weiterentwicklung, das eigene Lernen, zu übernehmen ist hierbei ein wesentlicher Aspekt. Und die Organisation, mein Umfeld, muss mir dieses eigenverantwortliche Handeln, wie es im digitalen Lernen erforderlich ist, auch zutrauen. Eigenverantwortung kann sich nur entfalten, wenn die Organisation den Raum dafür lässt. Mit dieser Voraussetzung ergibt sich vieles andere Gute und Nützliche von selbst, davon bin ich überzeugt.
Was die Technik bringt? Mehr Schnittstellen, mehr mobile Lösungen, mehr Social Learning, mehr Bandbreite. Intelligente Support-Systeme, Robotik und Künstliche Intelligenz werden sich weiterentwickeln, ebenso Big und /oder Deep Data für HR … und ganz bestimmt gibt es jede Menge neuer Features beim IBT SERVER!
Quelle: https://www.linkedin.com/pulse